Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Das Auswärtige Amt will Visaverfahren deutlich beschleunigen und digitalisieren sowie die Stellen zur Bearbeitung von Visumsanträgen in den zuständigen Behörden ausbauen. Das geht aus einem internen Arbeitspapier des Hauses von Annalena Baerbock (Grüne) hervor, über das die Zeitungen der Funke-Mediengruppe berichten.
Es sei klar, dass man über 100 zusätzliche Visa-Entscheider sowie lokale Beschäftigte an den Auslandsvertretungen brauche, wenn man bei den Fachkräftevisa pro Jahr 50.000 bis 100.000 mehr Visaanträge bearbeiten wolle, heißt es in dem vier Seiten langen Dokument mit dem Titel „Aktionsplan Visabeschleunigung“, welches einen besonderen Fokus auf Fachkräfteeinwanderung legt. Das gesamte Visumverfahren soll demnach „von Antragsentgegennahme über Bearbeitung und Kommunikation zwischen den beteiligten Behörden bis zur Erteilung digital ausgestaltet sein“, schreibt das Auswärtige Amt. Bisher erfolge die Antragstellung in fast allen Fällen in Papierform – das sei „ineffizient“. Um dem Ziel der vollständigen Digitalisierung der Visaverfahren näher zu kommen, will das Außenministerium 2023 das Auslandsportal zur Online-Antragstellung für Fachkräftevisa ausweiten und an den „wichtigsten Auslandsvertretungen ausrollen“.
Zudem soll das Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten (BfAA) personell gestärkt und besser mit den Innenbehörden vernetzen werden. „Unser Ziel ist es, bis Ende 2024 circa 100.000 an im BfAA entschiedenen Visa jährlich zu erreichen und damit die dort bearbeiteten Anträge innerhalb von vier Jahren zu vervierfachen“, heißt es in dem „Aktionsplan“. Insgesamt sieben Punkte umfasst das Arbeitspapier, mit dem die Bundesregierung ein „zeitgemäßes und unbürokratisches Visumverfahren“ aufbauen will. Ausbauen will das Auswärtige Amt etwa Deutschkurse im Ausland sowie die Zusammenarbeit zwischen den Behörden in Deutschland und den Auslandsvertretungen.
In dem „Aktionsplan“ heißt es: „Visa dienen Menschen, daher wollen wir ein besonderes Augenmerk auf Familiennachzug legen. Er muss im Sinne der Bedarfe von Familien ausgerichtet sein.“ Das Auswärtige Amt beruft sich auf Prognosen, nach denen Deutschland „bis zu 400.000 zusätzliche Fachkräfte jährlich“ benötige. Viele dieser Arbeitskräfte und ihre Familien brauchen vor der Einreise demnach ein Visum für den Aufenthalt in Deutschland.
Um die Visaverfahren für Fachkräfte und deren Familienangehörige zu beschleunigen, plant das Auswärtige Amt für weitere „ausgewählte visumsbefreite Länder“ die visumfreie Einreise „zur unmittelbaren Arbeitsaufnahme“ möglich zu machen. Das Auswärtige Amt will zudem „effektive Instrumente“ für humanitäre Aufnahmen aus Kriegs- und Krisengebieten nach Deutschland durchsetzen. Zugleich hebt das Außenministerium hervor: „Visa können missbraucht werden. Wir brauchen weiterhin Sicherungen, die Missbrauch verhindern und terroristische Gefahren eindämmen.“
Seit Jahren gibt es scharfe Kritik von Menschenrechtsorganisationen und Verbänden, dass die Visaverfahren für Fachkräfte und humanitäre Visa zu bürokratisch sind. Zudem sind die Wartezeiten für Termine an deutschen Auslandsvertretungen lang, teilweise mehr als ein Jahr. Das gilt vor allem für Visa für den Familiennachzug. Bereits im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP 2021 angekündigt, die Visavergabe zu beschleunigen und stärker zu digitalisieren.
Erst vor wenigen Wochen hatte das Kabinett Eckpunkte für eine leichtere Einwanderung von Fachkräften beschlossen. Die Bundesregierung plant etwa ein Punktesystem für den Zuzug zum deutschen Arbeitsmarkt.
Foto: Deutsche Botschaft im Ausland, über dts Nachrichtenagentur
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