Halle (Saale) (dts Nachrichtenagentur) – Die Wirtschaft in Sachsen-Anhalt befindet sich weiterhin im Abschwung. Die Stimmungslage der mittelständischen Unternehmen hat sich im Frühjahr 2024 weiter verschlechtert, wie aus einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage von Creditreform und des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hervorgeht.
Danach beurteilten nur noch 51,0 Prozent der befragten Unternehmen die Geschäftslage mit „sehr gut“ bzw. „gut“. Im Vorjahr hatte der Anteil der positiven Meldungen noch bei 59,5 Prozent gelegen.
„Die Konjunkturschwäche scheint hartnäckig zu sein“, sagte Martin Plath, Geschäftsführer von Creditreform in Halle (Saale). „Aktuell liegt der Konjunkturindikator für den Mittelstand auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren.“ Die immer noch hohen Kosten und eine schlechte Verbraucherstimmung würden die Unternehmensentwicklung bremsen.
Die Umsätze der Unternehmen in Sachsen-Anhalt entwickelten sich zuletzt schwach. 30,7 Prozent der Befragten meldeten Umsatzeinbußen. Vor allem Baugewerbe und Verarbeitendes Gewerbe verzeichnen deutlich häufiger als in der Vorjahresumfrage Umsatzrückgänge. Gleichzeitig meldeten 27,7 Prozent der Befragten ein Umsatzplus.
„Zwar hat sich die Inflation abgeschwächt und die Kaufkraft steigt wieder etwas, die deutsche Konjunktur ist aber auch im Sommer 2024 noch schwach“, ergänzte Axel Lindner, stellvertretender Leiter der Abteilung Makroökonomik am IWH. In den ersten Monaten des Jahres sei der private Konsum sogar zurückgegangen.
Die Geschäftserwartungen der mittelständischen Unternehmen in Sachsen-Anhalt haben sich unterdessen ein wenig aufgehellt. So ist der Anteil der Befragten, die ein Umsatzplus erwarten, leicht gestiegen, auf 25,3 Prozent (Vorjahr: 24,4 Prozent). Gleichwohl rechnen weiterhin 26,0 Prozent der Befragten mit einem Umsatzrückgang im laufenden Geschäftsjahr (Vorjahresumfrage: 26,7 Prozent). Die Umsatzerwartungen im Mittelstand bleiben damit eher pessimistisch. Insbesondere das Baugewerbe meldet sehr schlechte Geschäftsaussichten. Fast jedes zweite Unternehmen rechnet mit einem Umsatzminus.
Die Investitionsbereitschaft im Mittelstand hat sich nach dem Einbruch im Vorjahr etwas erholt. 52,3 Prozent der Unternehmen planen ein Investitionsvorhaben (2023: 48,1 Prozent). Damit liegt die Investitionsneigung jedoch noch unter dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Der Personalbestand im Mittelstand war in den vergangenen zwölf Monaten leicht rückläufig. Jedes fünfte Unternehmen (19,9 Prozent) meldet einen Abbau der Beschäftigtenzahl. Die weiteren Personalplanungen zeigen wieder etwas mehr Optimismus, zumeist im Handel und Dienstleistungssektor. 19,0 Prozent der befragten Unternehmen planen eine Personalaufstockung (Vorjahr: 16,1 Prozent). Allerdings wollen auch 11,9 Prozent der Unternehmen (Vorjahr: 9,7 Prozent) die Belegschaft verkleinern.
„Die Geschäftsprognosen der Unternehmen in Sachsen-Anhalt bleiben im bundesweiten Vergleich eher zurückhaltend“, sagte Plath. Der Schock nach den massiv gestiegenen Kosten sitzt weiterhin tief. Viele Unternehmen hätten Schwierigkeiten bei der Finanzierung. Ausdruck der Krise sei auch der markante Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Deutschland im 1. Halbjahr 2024, vor allem bei mittleren und größeren Firmen.
IWH-Konjunkturforscher Lindner ergänzt: „Die wirtschaftliche Entwicklung wird auch dadurch belastet, dass die Finanzierungskosten seit letztem Jahr viel höher sind als im Schnitt der vergangenen zehn Jahre. Zumal die Europäische Zentralbank ihrer Zinssenkung von Anfang Juni so bald keine weiteren Zinsschritte folgen lassen wird.“ Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die kleinen und mittleren Unternehmen in Sachsen-Anhalt seien nach wie vor schwierig. Viele Unternehmen würden sich aber zunehmend auf das geänderte Umfeld einstellen und beispielsweise in Energieeffizienz investieren, um laufende Kosten zu senken.
Zu einem Problem für die Unternehmen könnten die Entwicklungen beim Zahlungsverhalten werden. Nach Angaben des Mittelstands hat sich die Zahlungsmoral der Kunden zuletzt verschlechtert. Zunehmend verzeichnen die Mittelständler Zahlungsausfälle. Als bedrohlich schätzt der Mittelstand auch die hohen Zinsen ein. 11,4 Prozent der Befragten sehen sich nicht mehr in der Lage, den steigenden Zahlungsverpflichtungen nachkommen zu können (Vorjahr: 10,7 Prozent).
Zu einer Wachstumsbremse könnte sich nach Ansicht des Mittelstands die zunehmende Bürokratie entwickeln. 79,4 Prozent der Befragten haben zuletzt einen Anstieg bürokratischer Belastungen wahrgenommen. So bleibt den Unternehmen weniger Zeit, um Aufträge abzuarbeiten und zu bewältigen (73,0 Prozent der Befragten). Zudem führt zusätzliche Bürokratie zu erhöhten Wartezeiten für die Kunden (46,3 Prozent der Befragten), und Leistungen und Produkte verteuern sich (50,2 Prozent der Befragten), wenn mehr gesetzliche Auflagen und Anforderungen erfüllt werden müssen.
Foto: IWH – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (Archiv), via dts Nachrichtenagentur
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