Wiesbaden (dts Nachrichtenagentur) – Die verfassungsrechtliche Verankerung der Klimaneutralität bis 2045 begründet nach Ansicht des früheren Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, kein einklagbares Staatsziel. Der neue Verfassungsartikel bedeute „keine neue und umfassende Verrechtlichung der staatlichen Klimapolitik“, sagte Papier den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagausgaben).
„Er begrenzt lediglich die Zwecke einer überplanmäßigen Neuverschuldung und setzt insoweit der Budgethoheit des Parlaments im Hinblick auf die Kreditaufnahme Grenzen.“ Der Bundestag will an diesem Dienstag mit der Mehrheit von Union, SPD und Grünen im Grundgesetz das Ziel verankern, Klimaneutralität bis 2045 zu erreichen.
Papier wandte sich gegen die Deutung, staatliche Maßnahmen könnten künftig gerichtlich überprüft werden, ob sie der Klimaneutralität bis 2045 dienten oder diesem Ziel entgegenstünden. „Diese weitgehende Interpretation des neuen Verfassungstextes begründete in der Tat eine untragbare Knebelung der Politik und damit die Gefahr eines Abgleitens der parlamentarischen Demokratie in einen Rechtswegestaat“, sagte der Verfassungsjurist. „Ein solches erweitertes Verständnis des Kriteriums der Klimaneutralität ist aber ziemlich abwegig.“
Es gehe um eine Ermächtigung des Haushaltsgesetzgebers, „Kredite ohne Bindung an die allgemeine Schuldenbremse zu bewilligen, allerdings begrenzt auf Ausgaben, die für Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045 veranschlagt werden“, so Papier.
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