Tallinn (dts Nachrichtenagentur) – In der Debatte um die Marschflugkörper Taurus appelliert die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas an die Bundesregierung, der Ukraine alles zu liefern, was möglich ist. Natürlich entscheide die deutsche Regierung selbst, sagte Kallas der Wochenzeitung „Die Zeit“.
„Mein Plädoyer lautet nur: Bitte gebt alles, was ihr geben könnt.“ Es sei „in unser aller Interesse, die Ukraine so auszustatten, dass sie den Krieg so schnell wie möglich beenden kann“, so Kallas weiter. Mit jedem Zögern und jeder Verspätung steige nur der Preis, den die Ukraine für einen Sieg zahlen müsse. „Wenn ich das zu entscheiden hätte, würde ich die Taurus-Marschflugkörper liefern.“
Der Krieg sei wie eine Operation ohne Betäubung – und Russland setze darauf, die Schmerzen länger aushalten zu können als die Ukraine und ihre Verbündeten, so die estnische Regierungschefin. Der Westen dürfen sich „nicht erlauben, müde zu werden“, so Kallas. Wenn Russland den Krieg gewinne, werde es seine revisionistischen Ziele auf andere Länder ausweiten. Kallas begrüße zwar, dass viele Nato-Partner heute eine realistischere Haltung zu Russland hätten: „Wenn ich vor dem Krieg im Europäischen Rat mit den anderen Regierungschefs zusammensaß, hatte ich stets den Eindruck, dass die Sicherheitspolitik für viele von ihnen eine intellektuelle Spielerei ist, der man gern nachgeht, während sie für uns im Baltikum immer schon eine existenzielle Frage war.“
Den Balten sei zuweilen vorgeworfen worden, russlandfeindlich zu sein. Das habe sich schon geändert, aber das Ziel, zwei Prozent des jeweiligen BIP für die Verteidigung auszugeben, würden zahlreiche Verbündete immer noch nicht erfüllen. „Ohne eine effektive Verteidigung haben wir womöglich kein Land mehr, in das wir all das Geld, das wir nicht für unsere Sicherheit ausgegeben haben, noch sinnvoll investieren können“, warnt Kallas.
Foto: Ukrainische Flagge in Kiew (Archiv), über dts Nachrichtenagentur
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